Reden

Akademische Sitzung zum 50jährigen Bestehen des FC Eupen


Rede von Karl-Heinz Lambertz, Ministerpräsident der Deutschsprachigen Gemeinschaft, anlässlich der akademischen Sitzung zum 50jährigen Bestehen des FC Eupen

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Eupen, 18. Oktober 2013

Sehr geehrter Herr Präsident, Sehr geehrter Herr Bürgermeister, Liebe Freundinnen und Freunde des FC Eupen, Meine sehr geehrten Damen und Herren,

zuallererst möchte ich mich bei den Organisatoren des heutigen Abends dafür bedanken, dass sie bereit waren, die akademische Sitzung um eine Stunde vorzuziehen.  Darum hatte ich gebeten, weil ich heute Abend noch eine weitere Rede in Spa zu halten habe. Meine heutige Anwesenheit hier ist eigentlich einem Zufall geschuldet ist.  Normalerweise spricht bei solchen Anlässen die zuständige Ministerin. Da Ministerin Isabelle Weykmans aber in anderen Umständen ist und in den nächsten Stunden und Tagen ihr erstes Kind erwartet, müssen Sie mit mir Vorlieb nehmen.

Eigentlich habe ich mit den FC Eupen sehr viel mehr zu tun, als das wahrscheinlich dem Einen oder Anderen bewusst ist.  Als ich 1980 nach Eupen kam, bin ich in ein Haus im Lothringer Weg eingezogen, das da erbaut wurde, wo früher einmal der FC Eupen Fußball gespielt hat. Daran erinnern sich sicherlich noch viele.  Nachdem ich dort eingezogen war und als junges RdK-Mitglied die ersten Schritte in der Politik machte, besuchte mich sehr oft samstags morgens – wenn ich eigentlich ausschlafen wollte – Richard Gerngross.   Er erzählte mir dann Dinge, die ich dringend in Sachen FC zu tun hätte.  Mit Richard Gerngross habe ich vieles erleben können. Ich bin sehr froh, dass die Erinnerung an ihn in diesem Raume als Bild vorhanden ist.  So habe ich den FC auf eine ganz besondere persönliche Art kennengelernt. Doch ich hatte auch noch einen anderen Kontakt mit dem FC. Damals gab es einen Präsidenten, der im Nebenamt Arzt war.  Ihn kannte ich bereits seit geraumer Zeit, nicht nur weil er aus der Eifel stammte, sondern weil er sein Studium fast beendet hatte, als ich meines begann. Das war Dr. Leo Leuther. Dann habe ich wenig später Heinz Koch kennengelernt, der in der Geschichte des Vereins eine sehr wichtige Rolle gespielt hat und auch immer noch spielt. Heinz Koch hat mich mit zwei Dingen immer wieder konfrontiert: Als damaliger Sportminister mit seinen Vorstellungen zur Jugendarbeit im Fußball und etwas später als Ministerpräsident mit seinen Vorstellungen zur Zukunft des Klosters Heidberg.  Bei beiden Dingen sind wir ganz gut voran gekommen.  Deshalb lade ich dich, lieber Heinz, jetzt schon ganz offiziell zur Einweihung des Klosters Heidberg im Mai nächsten Jahres ein.

Meine sehr geehrten Damen und Herren,

so weit zu meinen persönlichen Kontakten und Bezügen zum FC.  Der Verein wird 50 Jahre alt… oder ist er schon älter?  Wenn ich die Zeitung vor einigen Wochen richtig gelesen habe, hat es schon einmal einen FC Eupen gegeben, der im Jahre 1920 die Stammnummer 92 bekam. Vielleicht war das falsch.  Ich werde Herrn Patrick Bildstein mit diesen vermeintlichen Ungereimtheiten in seinem Artikel konfrontieren. Auf jeden Fall hat es den FC Eupen schon einmal gegeben. Dieser wurde damals von unzufriedenen Mitgliedern des Vereins für Jugend und Volksspiele gegründet, aus dem später die AS Eupen – nach Fusion mit dem FC – hervorging.  Das erinnert an ein anderes Thema.  Dieses Verhältnis zwischen AS Eupen und FC Eupen ist schon beeindruckend. Das bekommt selbst jemand sehr schnell mit, der, wie ich, nach Eupen eingewandert ist.  Vorhin sprach Heinz Koch von seinen „Brüdern“ der AS Eupen.  Das wiederum erinnert mich an einen Witz, der zu Zeiten der Tschechoslowakei in Prag erzählt wurde.  Da trafen sich zwei Tschechoslowaken und fragten sich: „Was sind eigentlich jetzt die Russen von uns? Sind das unsere Brüder oder unsere Freunde?“ Daraufhin antwortete der Eine dem Anderen: „Wie kannst du so eine blöde Frage stellen. Natürlich sind das unsere Brüder, denn unsere Freunde können wir uns aussuchen“.  Dies nur als kleiner Witz zum Thema Brüder und Freundschaft.  Dass das Verhältnis zwischen diesen beiden Eupener Fußballvereinen etwas Spannendes ist,  wissen alle die hier sitzen, sehr viel besser als ich.  Ich werde einen Teufel, tun dazu mehr zu sagen!

Meine sehr geehrten Damen und Herren, Liebe Freunde des FC Eupen,

50 Jahre sind eine lange Zeit.  In diesen 50 Jahren ist sehr viel passiert.  Im Jahre 1963 – vielleicht erinnert der Eine oder Andere sich daran, ich kann mich daran erinnern, weil ich damals 11 Jahre alt war – entstand die Bundesliga.  Da gab es zum Mal im Fernsehen die Sportschau.  Ich weiß das deshalb noch sehr genau, weil meine Eltern mir damals erlaubten, beim Nachbarn die Sportschau zu schauen. Unser Nachbar war einer der zwei Haushalte in meinem Heimatdorf Schoppen, der ein Fernsehgerät besaß. Das hat mich für mein ganzes Leben geprägt.   Das Jahr 1963 hat auch mit der Deutschsprachigen Gemeinschaft eine ganze Menge zu tun.  Es handelt sich vielleicht sogar um das wichtigste Jubiläum von allen, auf die Heinz Koch vorhin hingewiesen hatte. Es stimmt:  Wir feiern 40 Jahre Parlament, 30 Jahre Regierung und 25 Jahre Gerichtsbezirk Eupen. Das wichtigste Jubiläum von allen ist die Schaffung des deutschen Sprachgebietes in 1963. Da ist mit der Festlegung der Sprachgrenzen die Grundlage für das Gebiet deutscher Sprachegelegt worden.

Das war damals auch die Geburtsstunde des FC Eupen in seiner Nachkriegsversion.  Hier ist in all diesen Jahren tolle Arbeit geleistet worden.  Der FC Eupen steht seit eh und je in Ostbelgien, und insbesondere im ostbelgischen Fußball, für eine gewisse Art der Jugendarbeit. Das ist von großer Bedeutung.  Das ist auch der Regierung ganz besonders wichtig. Der FC Eupen gehört als aktiver Verein – mit Höhen und Tiefen, Auf- und Abstiegen – zu der großen Fußballfamilie in Ostbelgien.  Wir haben in Ostbelgien 18 Liga-  und 16 Amateurfußballvereine. Bei den Ligavereinen sind 3.370 Mitglieder und bei den Amateurfußballern 580 Mitglieder registriert. Das sind insgesamt 3.950 Mitglieder in ostbelgische Fußballvereinen.  Das ist proportional zu den rund 77.000 Einwohnern eine ganze Menge. Das ist der größte Anteil einer Sportart an der Gesamtzahl der in Ostbelgien geschätzten 22.800 Sportlerinnen und Sportler in rund 260 Vereinen. Der Fußball ist deshalb etwas ganz Besonderes. Das haben wir seit Bestehen des RdK und auch danach immer wieder deutlich gemacht, indem wir dafür gesorgt haben, dass insbesondere die Infrastrukturen dieser Vereine in Ordnung sind.  Dass sie es sind, bestätigen immer gerne die Gegner, die von anderswo aus Belgien hierhin kommen und dann doch manchmal über die tolle Infrastruktur staunen die hierzulande steht.  Die Regierung bemüht sich ebenfalls darum, dass in jeder ostbelgischen Gemeinde ein und in Eupen sogar mehr als ein Kunstrasenplatz kommt.  Daran arbeiten wir. Daran hat sich schon Einiges in den letzten Jahren getan.

Fußball ist eine Sportart mit einer sehr langen Geschichte.  In den 40er Jahren des 19. Jahrhunderts hat man mit Bällen Sport betrieben, woraus sich später Fußball und Rugby entwickelt haben. Das ist dann auch nach Belgien gekommen.  Wie es scheint, ist der erste belgische Fußballklub – damals gehörten wir noch zu Preußen – an einer englischen Schule im Jahre 1865 gegründet worden.  So hat sich das Ganze auf eine Art und Weise entwickelt, die gerade in den letzten Tagen, Wochen und Monaten eine völlig neue Begeisterung hervor gerufen hat.  Die Belgier sind übrigens die einzige Nationalmannschaft, die es aus eigener Kraft – d.h. ohne ausscheidender Weltmeister oder Austragender einer Weltmeisterschaft zu sein – sechsmal geschafft hat, sich für eine Weltmeisterschaft zu qualifizieren. Das ist allerdings schon lange her. Dann hat es eine Flaute gegeben.  In der letzten Zeit erleben wir wieder, dass der Fußball in Belgien Höhenflüge erreicht, was auch unmittelbar eine große Auswirkung auf die Begeisterung in unserem Land hat, wo es ja anscheinend gewisse Konflikte geben soll.

Der Fußball ist überhaupt für Ostbelgien etwas sehr Spezifisches.  Das hat mit der Bundesliga zu tun, die hier begeisterte Fans hat.  Ich erinnere mich noch an die Zeit, wo ich Medienminister war und sogar einen Prozess geführt habe, damit man SAT1 auf das belgische Kabelnetz einspeist, denn damals war die Sportschau von der ARD zu SAT1 übergewechselt und das war ein riesen Problem.

Und noch etwas ist typisch für Ostbelgien.  Hier in Ostbelgien gibt es viele begeisterte Fans von deutschen Bundesligaklubs wie z.B. der HSV, FC Bayern München, Alemannia Aachen, der 1. FC Köln und viele andere.   Übrigens, der zweitgrößte Fanklub des 1. FC Köln ist der ostbelgische nach dem Kölner selbst. Das ist schon außergewöhnlich.  Da sind alle begeistert mit ihrer Mannschaft, außer wenn diese Spieler in der deutschen Nationalmannschaft spielen. Dann freut sich jeder, wenn sie verlieren. Dazu noch eine kleine Anekdote anlässlich meines 40. Geburtstags.  Ich hatte damals zum Grill in Herbesthal geladen.  Gleichzeitig war Europa- oder Weltmeisterschaft. Deshalb hatte ich für meine Gäste einen Satellitenempfang organisiert. Es spielte Deutschland gegen Dänemark.  Bei meinen Gästen waren damals etwa Zweidrittel Belgier und ein Drittel Deutsche. Dabei hatte ich absolut unterschätzt, was das an Animositäten mit sich bringen kann, wenn Fans aneinandergeraten.  Das hätte mir fast meine Geburtstagsfeier vermiest, aber ich habe dann an der Antenne geschupst und das Thema war erledigt.

Dass man sich für Fußball begeistern kann, beweist der FC Eupen immer wieder. Es hat rund um dieses Jubiläum den Wunsch gegeben, wie Heinz Koch eben sagte, noch einmal die Zukunft in aktiver Form weiterzuentwickeln. Das ist sehr wichtig. Dabei möchte ich allen Verantwortlichen, insbesondere dem frisch gewählten Präsidenten, alles Gute wünschen.  Sportlich wünsche ich dem Verein viel Erfolg, wobei ich mich auf irgendwelche Plätze oder Aufstiege nicht festlegen möchte.  Das würde heißen, dass ich einen der 18 ostbelgischen Vereine privilegiere und das werde ich natürlich nicht tun.

Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit!