Reden

Ansprache anlässich des Festaktes zum Tag der Deutschsprachigen Gemeinschaft in Brüssel


Ansprache anlässlich des Festaktes zum Tag der Deutschsprachigen Gemeinschaft in Brüssel

PDF_20131115 (208.2 KiB)

15/11/2013

Anrede,

zum 9. Male organisiert die Deutschsprachige Gemeinschaft heute in ihrer Brüsseler Vertretung einen Empfang anlässlich ihres Festtages.

Im Namen des Parlamentes und der Regierung der Deutschsprachigen Gemeinschaft möchte ich Sie alle recht herzlich willkommen heißen und Ihnen einen angenehmen Aufenthalt in diesem Hause – dem „Hotel de Brouckère“ – wünschen, das die Handschrift des berühmten Architekten Henry Vandevelde trägt, an dessen 150. Geburtstag in diesem Jahr an vielen Stellen in Europa erinnert wird und dem zurzeit eine beeindruckende Ausstellung im Cinquantenaire gewidmet ist, die davor in Weimar zu sehen war.

 

Many of you now belong to the loyal guests of this reception on the occasion of the German-speaking Community’s feast-day and we wish to thank you for this fidelity.

Others are with us for the first  time and we are happy to welcome you amongst us.

And now… The same procedure as every year?

In a sens… yes…

After all, you should think twice before you change a well-proven and cherished tradition.

Nevertheless, there are some new and special aspects to this year’s event.

 

Nachdem für die Vertretung der DG in Brüssel ein Stutzflügel angeschafft wurde, möchten wir Sie in den Genuss einer musikalischen Begleitung kommen lassen.

Das Duo Michels-Tautges – zwei Künstler aus unserer ostbelgischen Heimat – wird uns in die Welt der Musik entführen und uns in Festtagsstimmung versetzen.

Dass der Tag der DG mit dem Tag des Königs zusammenfällt, ist nichts Neues, sondern einer Entscheidung des Parlamentes aus dem Jahre 1990 zu verdanken.

Neu ist, dass es in diesem Jahr am 21. Juli einen Wechsel an der Spitze unseres Staates gegeben hat, auf den Erzbischof Léonard vorhin anlässlich des Te Deums in der Sankt Gundula-Kathedrale auf beeindruckende und humorvolle Weise eingegangen ist.

Seine Majestät König Philippe hat die Nachfolge seines Vaters angetreten.

Ich möchte den heutigen Tag des Königs zum Anlass nehmen, um König Albert II. nochmals herzlichst für das Verständnis zu danken, das er während der 20 Jahren seiner Regentschaft den Anliegen der Deutschsprachigen Gemeinschaft entgegengebracht hat.

Und ich möchte unserem neuen König Philippe viel Erfolg bei der Wahrnehmung seiner nicht immer leichten Aufgabe als Staatsoberhaupt seines nicht immer einfachen Staates Belgien wünschen.

Dass ihm und der Königin dabei die Sympathie und Unterstützung der deutschsprachigen Belgier mit Begeisterung begleiten, ist nicht zuletzt anlässlich der „Joyeuse Entrée“ in Eupen, am vergangenen 23. Oktober, deutlich zum Ausdruck gebracht worden.

Anrede,

De feestdag van de Duitstalige Gemeenschap staat dit jaar in het teken van de herdenking van een aantal belangrijke gebeurtenissen waarop onze Gemeenschap in het huidige en het volgende jaar kan terugblikken.

Laat mij die herdenking in getallen uitdrukken: 50 – 40 – 30 – 25.

Op een ander getal  – het getal 4 – kom ik later nog terug.

50 jaar is het nu geleden dat de wetgeving op het gebruik der talen in bestuurszaken in het Belgische parlement werd aangenomen.

Sindsdien is het grondgebied van de Belgische Staat ingedeeld in vier taalgebieden die het referentiekader vormen voor de uitoefening van de bevoegdheden van de gemeenschappen en gewesten.

 

Seit 40 Jahren verfügt die DG über ein von der Bevölkerung gewähltes Gremium zur Wahrnehmung ihrer Zuständigkeiten.

Seit 30 Jahren ist die DG mit der Dekretbefugnis sowie mit einer vom Parlament gewählten und vor ihr verantwortlichen Exekutive ausgestattet.

Seit 25 Jahren besteht ein eigener Gerichtsbezirk für das Gebiet deutscher Sprache, der auch nach der derzeit auf der Grundlage einer reduzierten Anzahl von Gerichtsbezirken vollzogenen Reorganisation des belgischen Gerichtswesens bestehen bleibt.

All das sind Bestandteile des Autonomiestatutes, das der belgische Staat seiner deutschsprachigen Minderheit verliehen hat und das nicht ohne Grund europaweit als ein besonders gelungenes Beispiel für den respektvollen Umgang mit Minderheiten angesehen wird.

Auch die 6. Staatsreform, die kurz vor der Vollendung ihrer parlamentarischen Umsetzung steht, hat die Deutschsprachige Gemeinschaft nicht vergessen.

Sie wird deren Zuständigkeiten und Handlungsmöglichkeiten in einem erheblichen Ausmaße erweitern.

Genügt das eigentlich nicht?

Warum erheben die Deutschsprachigen noch weitere Forderungen?

Sind sie etwa undankbar und nie zufrieden zu stellen?

Nein, wir sind weder undankbar noch unersättlich.

Wir sind vor allem konsequent und geduldig. 

Konsequent sind wir, weil die Übertragung weiterer regionaler Zuständigkeiten in Anwendung von Artikel 139 der Verfassung eine unabdingbare Voraussetzung dafür ist, in der DG eine kohärente, integrierte und maßgeschneiderte Politikgestaltung betreiben zu können.

Das gilt insbesondere für Zuständigkeiten wie Raumordnung und Wohnungsbau.

Konsequent sind wir auch, weil wir erkannt zu haben glauben, dass an die Stelle der asymmetrischen Zweigliedrigkeit auf Ebene der belgischen Gliedstaaten mit ihren Gemeinschaften und Regionen mehr und mehr eine einzige Art von Gliedstaaten – wie immer man sie nennen mag – tritt und dass wir diesen mehr oder weniger schleichenden Prozess nicht verpassen dürfen, wenn wir unsere Stellung als gleichberechtigter Partner im belgischen Bundesstaat verteidigen und ausbauen wollen. 

Dabei vergessen wir zu keinem Zeitpunkt, dass wir der kleine Juniorpartner sind und uns keineswegs zum Orchesterchef oder Schiedsrichter berufen fühlen.

Und wir sind vor allem geduldig.

 

Aujourd’hui,

Au jour près, il y a quatre ans, décéda le Ministre d’Etat Pierre Harmel.

Celui-ci donna son nom au fameux centre de recherche instauré par une loi de 1946 et dont l’objet était de trouver des solutions aux problèmes juridiques et sociaux entre les régions flamande et wallonne.

Dans l’exposé des motifs de ce document 940 (1957-1958) du 24 avril 1958 se trouve le passage suivant : « Il existe un malaise qui affecte la vie nationale et dont la conscience grandit dans la Belgique entière. 

En opposant Wallons et Flamands, il pourrait compromettre à la longue l’unité belge.

Les régions d’expression française ressentent aujourd’hui, pour des raisons parfois différentes, le même sentiment de crise ou d’infériorité qui a ému depuis longtemps les Belges d’expression flamande.

Les racines de ce malaise doivent être recherchées. »

Ce centre déposa en 1958 son rapport final qui est considéré par beaucoup comme le point de départ de la transformation de la Belgique en Etat fédéral.

Une période d’incubation longue des 12 années ! 

Je ne dispose pas d’une boule de cristal  pour pouvoir prédire s’il faudra un laps de temps identique ou, le cas échéant, encore plus long pour que devienne réalité la résolution du 27 juin 2011 du Parlement germanophone dans laquelle celui-ci se prononça pour une Communauté germanophone exerçant, avec des moyens financiers ou des possibilités de financement appropriés, l’ensemble des compétences transférées en Belgique aux entités fédérées.

Ich weiß allerdings wohl, dass die DG genauso wenig wie die anderen Gemeinschaften und Regionen sowie der belgische Bundesstaat insgesamt am Ende ihrer Entwicklung angekommen ist und ich bin ebenfalls zutiefst davon überzeugt, dass der Weg hin zu einem Belgien mit 4 Gliedstaaten vorgezeichnet ist, wie lange dieser Weg auch sein mag und wie auch immer die Details im Einzelnen aussehen mögen.

In diesem Sinne wünsche ich Ihnen einen angenehmen Festtag und lade Sie herzlichst zu einem Empfang ein, der es Ihnen erlaubt, sich auch kulinarisch mit dem Belgien zu viert anzufreunden. 

Ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit!