Eröffnung des Kultur-, Konferenz- & Messezentrums St. Vith „TRIANGEL“
16/09/2009
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Werte Festversammlung,
ich muss Ihnen gestehen: Ich stehe vor einem Dilemma, oder besser gesagt, ich bin das noch verbleibende Hindernis zwischen Ihnen und dem gemütlichen Teil dieser Veranstaltung (Applaus und Gelächter).
Doch wo ist das Dilemma? Nachdem ich schon meinen langjährigen Pressereferenten an das Triangel verloren habe, hat sein blutjunger Nachfolger mit viel Mühe und Schweiß eine dem Auftreten eines Ministerpräsidenten nach seinem Ermessen angemessene Festrede vorbereitet. Die dauert mindestens 20 Minuten und wiederholt natürlich naturgemäß vieles von dem, was meine drei Vorredner Ihnen bereits gesagt haben.
Was mache ich nun? Enttäusche ich Sie oder den jungen Pressereferenten? Sie werden es ahnen; meine Entscheidung steht fest. Sie haben den Vorzug. Aber wie jeder Politiker möchte ich doch einen Kompromiss machen, denn ein Zitat, das mir mein neuer Pressereferent hier aufgeschrieben hat, möchte ich Ihnen nicht vorenthalten: Erstens, weil es von dem großen deutschen Dichter Johann Wolfgang von Goethe stammt und zweitens, weil es so wunderbar zu diesem Gebäude und zu dem passt, was wir bisher hier erlebt haben. Goethe hat einmal gesagt: „Man weicht der Welt nicht sicherer aus, als durch die Kunst; und man verknüpft sich nicht sicherer mit ihr, als eben auch durch die Kunst“. Es sind in der Tat Kunst und Kultur, die den Menschen helfen, ihren Geist voll zu entfalten. Sie bieten die Möglichkeit, gemeinsam Abstand vom Alltag zu nehmen, einen Abstand, der neue Blickwinkel ermöglicht, der Kreativität schafft und den sozialen Zusammenhalt fördert. Genau das möchte ich dem Triangel in vielfältiger Weise immer wieder in den kommenden Jahren und Jahrzehnten wünschen.
So weit zu der vorbereiteten Rede. Sie werden aber sicherlich von mir erwarten, dass ich es nicht dabei belasse, sondern Ihnen einige weitere Gedanken vortrage. Sie haben ja eh keine Wahl, als andächtig zuzuhören.
Ich bin heute sehr froh – auch das sollte man einmal sagen, denn das kommt in einem Politikerleben nicht jeden Tag vor. Ich bin sehr froh, weil ich in die seltene Situation komme, ein Projekt mit einweihen zu dürfen, an dessen Zustandekommen ich als Entscheidungsträger zu Beginn ganz konkret habe mitwirken können. Meistens weiht man ja nur die Projekte der Vorgänger ein. Ich habe hier in diesem Kontext das glückliche Los, mein eigener Nachfolger sein zu können.
Ich bin aber auch deshalb froh, weil ich fest davon überzeugt bin, dass dieser 16. September 2009 ein wichtiger Tag in der Geschichte der Stadt St. Vith ist. Hier an diesem Platz, wo vor 65 Jahren fürchterliche Verwüstung stattfand, entsteht etwas völlig Neues, etwas Zukunftsweisendes. In diesem Zusammenhang denke ich an vorigen Samstag zurück, als ich die Gelegenheit hatte, anlässlich des 65. Gedenktages zur Befreiung Deutschlands durch den Einzug der Alliierten in Roetgen, einen Gedenkstein mit seiner Bestimmung zu übergeben. Ein Gedenkstein, der an eben dieses Ereignis vom 12. September 1944 erinnert – ein Zeitpunkt, zu dem St. Vith noch nicht zerstört war. Dieser Gedenkstein steht an der Vennbahntrasse, da wo mittlerweile ein neuer Fahrrad- und Wanderweg besteht – ein Weg, der in wenigen Monaten die Stadt Aachen mit der Stadt Luxemburg verbinden wird. Und genau dieser Weg – und da liegt die Verbindung – wird auch vor diesem schönen Zentrum hier vorbeikommen. Wir hoffen natürlich, dass viele Menschen hier Halt machen werden. Sie sehen, Verbindendes gibt es in vielfältiger Weise – sogar beim Fahrradfahren – wenn man zum Triangel kommen will.
Ich bin aber auch sehr froh, weil neben diesem Kulturzentrum hier, durch eine in der Tat einzigartige gemeinsame Initiative, ein Dienstleistungszentrum der Verwaltung der Deutschsprachigen Gemeinschaft entstanden ist. Selbst wenn ich heute hier in St. Vith bin, sage ich jedoch in aller Deutlichkeit: Auch nach der Inbetriebnahme dieses Zentrums bleibt Eupen die Hauptstadt der Deutschsprachigen Gemeinschaft. Aber es gibt jetzt hier in St. Vith ein sehr attraktives Dienstleistungszentrum, in dem neun zur DG gehörige oder von ihr unterstützte Dienste (der Herr Bürgermeister hat sie eben alle zitiert) ein bedeutendes Mehr an Bürgernähe zeigen können. Hierdurch werden sicherlich auch die Dienstleistungen verbessern werden. All das ist eine tolle Pionierleistung!
Ohne jetzt all die Namen wiederholen zu wollen, die vorher von Lorenz Paasch genannt wurden, möchte ich mich dessen Dankesworten an dieser Stelle anschließen und auch meinerseits all denen, die bei dieser tollen Verwirklichung mit Hand angelegt haben, auf das Herzlichste im Namen der gesamten Regierung danken. Das kann man durchaus im wörtlichen wie auch im übertragenen Sinne verstehen. Ohne Lorenz Paasch und Joseph Schröder gäbe es dieses Zentrum nicht! Aber auch Suzanne Devresse und Carl Hellebrandt haben wesentlich dazu beigetragen, dass diese durchaus komplizierte Konstruktion einer Zusammenarbeit zwischen einer kommunalen Einrichtung und der Deutschsprachigen Gemeinschaft in einem gemeinsamen, aber dennoch auch getrennten Projekt funktionieren konnte. Dafür vielen Dank. Das habt ihr gut gemacht! (Applaus)
Mit diesem Zentrum will die Stadt St. Vith hoch hinaus: Mindestens 19 Meter. Ob man sich da übernimmt? Ob da, wie einst bei Ikarus irgendwann welche mit verbrannten Flügeln vom Himmel herunter auf die Erde fallen? Ich glaube es nicht. Ich habe mir vor einigen Tagen die Sicherheitsmaßnahmen da oben einmal anschauen können. Da kann man sich, sofern man einigermaßen Schwindelfrei ist, gefahrlos bewegen. In jedem Fall, und da besteht kein Zweifel, ist dieses Bauwerk höchst beeindruckend.
Dieses Zentrum bedeutet eine wichtige Weichenstellung für die Deutschsprachige Gemeinschaft. Es schafft einen starken Standortsvorteil für die Stadt St. Vith, für die ganze Eifel und darüber hinaus für das gesamte Grenzland. Große Hoffnungen verbinden sich mit dieser Verwirklichung. Sie ist das Ergebnis einer klaren Vision und unermüdlicher – mit einer guten Portion an Sturheit versehener – Konsequenz. Diese Verwirklichung muss sich nun bewähren und ich bin davon überzeugt, dass dies gelingen wird! Und ich kann allen, die hierfür Verantwortung tragen, Folgendes sagen – und zwar ohne wenn und aber: mit der selben Konsequenz und Systematik, mit der die Regierung der DG den Trägern bei der Verwirklichung zur Seite gestanden hat, wird sie auch die nötige Begleitung leisten, um mit zum Erfolg des Projektes beizutragen (soweit dieser von der DG und den Voraussetzungen, die wir zu schaffen haben, abhängt). (Applaus)
Nachdem ich nun schon 10 Minuten und 41 Sekunden rede, erlauben Sie mir noch eine weitere Überlegung. Für mich ist das, was St. Vith hier geleistet hat, ein Vorbild, ein nachahmenswertes Vorbild und charakteristisch für das, was sich die Regierung u.a. auch in ihrer gestern vorgetragenen gemeinschaftspolitischen Erklärung als Synergie und Zusammenarbeit zwischen der Deutschsprachigen Gemeinschaft und den Gemeinden vorstellt. So wie das hier gelaufen ist, wünschen wir es uns auch anderenorts in der Deutschsprachigen Gemeinschaft. Auch die acht anderen Gemeinden haben jeweils Aspekte, in denen sie so stark sind, dass sie Alleinstellungsmerkmale daraus ableiten können. Genauso konsequent wie wir mit St. Vith zusammen gearbeitet haben, sind wir auch bereit, mit ihnen zur Verwirklichung ihrer Zielsetzungen zu kooperieren.
Natürlich muss ich in diesem Rahmen, nachdem ich sie vorhin schon mal erwähnt habe – sozusagen beispielhaft – auch von der ‚Hauptstadt’ Eupen reden: Ich wünsche mir innigst, dass auch das Kulturzentrum „Nord“ in den nächsten Monaten und Jahren konkrete Gestalt annimmt. Aber ich wünsche mir auch – ja ich würde sogar sagen, ich werde mit meiner Kollegin und meinen Kollegen darüber wachen – dass zwischen dem, was in Eupen geschieht, oder geschehen soll, und dem, was jetzt hier besteht, keine falsch verstandene Konkurrenz, sondern eine klare Synergie – oder wenn Sie ein anderes Fremdwort hören wollen, eine deutliche Komplementarität entsteht (Applaus).
So wie St. Vith mit dem Triangel die Chance des Kultur- und Messenstandortes bekommt, bin ich fest davon überzeugt, dass eine ähnliche Synergie auch für die Tagungsaktivitäten in Eupen auf der Hand liegt. Hierzu müssen die dortigen Verantwortlichen die große Chance beim Schopfe ergreifen, die sie haben werden, wenn mit dem Umzug des Parlamentes in das Sanatorium eine polyvalente Tagungsinfrastruktur entsteht. Eine Infrastruktur, die für den Standort Eupen mindestes so viele Impulse vermitteln kann, wie dies mit diesem Zentrum hier für den Standort St. Vith und Eifel der Fall ist. Diese Botschaft möchte ich am heutigen Tag ganz bewusst von St. Vith an die Adresse der Politiker in der Stadt Eupen richten.
Meine sehr geehrten Damen und Herren,
neben alledem, was dieses Zentrum für St. Vith, die Eifel und die Deutschsprachige Gemeinschaft bedeutet, möchte ich ganz besonders auch die grenzüberschreitende Dimension hervorheben: Dieses Zentrum strahlt weit über die Grenzen der DG hinaus. Gerade im Grenzraum, in dem wir leben, mit unseren Nachbarn in der Bundesrepublik Deutschland und im Großherzogtum Luxemburg, ergeben sich bedeutende Möglichkeiten der Zusammenarbeit. Bei dieser Zusammenarbeit geht es immer darum, sich miteinander zu vernetzen, nicht alles doppelt und dreifach zu machen, sondern die bestehenden Stärken und Trümpfe zu kombinieren und daraus für den gesamten Grenzraum eine starke Zukunftskarte zu entwickeln. Das ist hier möglich, das wird hier gelingen, davon bin ich überzeugt und dafür wünsche ich allen, die jetzt die Ärmel hoch krempeln müssen, viel Erfolg und alles Gute. Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit!