Reden

Begrüßung anlässlich des Gesamtforums zum Regionalen Entwicklungskonzept (REK)


Begrüßung anlässlich des Gesamtforums zum Regionalen Entwicklungskonzept (REK)

10/07/2010

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Meine sehr geehrten Damen und Herren,

ich möchte Sie zu Beginn des heutigen Tages recht herzlich am Sitz der Verwaltung der Deutschsprachigen Gemeinschaft willkommen heißen und Ihnen zuallererst im Namen der Regierung und des Generalsekretärs recht herzlich dafür danken, dass Sie sich an einem so sonnigen Samstag die Zeit genommen haben, mehrere Stunden gemeinsam über die Zukunft unserer Gemeinschaft nachzudenken und zu diskutieren.  Das ist keineswegs eine Selbstverständlichkeit!  Man könnte sich an einem solchen Tag eine Reihe anderer Dinge vorstellen, obschon dieser Raum von den Temperaturen her zum jetzigen Zeitpunkt sicherlich nicht der uninteressanteste Ort in Ostbelgien ist – das vor allem auch deshalb, weil wir seinerzeit zum richtigen Moment die richtigen Investitionen getätigt haben.

Wenn ich Ihnen für Ihre Mitarbeit danke, so ist das keineswegs eine Floskel Es ist mir damit wirklich sehr ernst gemeint.  Ich weiß, dass es nicht immer einfach ist, für solche Veranstaltungen die Lust und Zeit zu mobilisieren um mitzumachen.  Dennoch ist es, glaube ich, sehr wichtig.  Wir haben ganz bewusst zu Beginn des Dokumentes, welches die beiden ersten Bände des Regionalen Entwicklungskonzeptes vorstellt, den Satz von Willy Brandt gesetzt: „Die beste Art, die Zukunft vorherzusehen, ist, sie selbst zu gestalten“. 

Mein Dank geht an dieser Stelle auch an alle Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Verwaltung und der Kabinette, die sich mit der Vorbereitung der heutigen Veranstaltung beschäftigt haben. Da ist viel Einsatz erforderlich, um eine solche regionale Entwicklungsstrategie zu konzipieren und umzusetzen.  Auch da genügt es nicht, Dienst nach Vorschrift zu machen.  Dazu gehört auch die Arbeit an einem Samstag.  Auch Ihnen allen recht herzlichen Dank!

Dieses Forum findet an einem sehr interessanten Ort – vor allem aber zu einem sehr interessanten Zeitpunkt – statt.  Es wird Ihnen nicht verborgen geblieben sein, dass unser Land vor großen Veränderungen steht.  Wohin die Fahrt gehen wird, weiß man noch nicht – auch ist nicht endgültig klar, ob es überhaupt eine Fahrt geben wird – aber eines steht mit absoluter Sicherheit fest: Wenn es zu einer Auflösung der institutionellen Blockade kommt, die unser Land nun schon seit den berühmten Lambermont-Vereinbarungen vor fast einem Jahrzehnt prägt und die vor allem seit 2007 besonders skurrile Formen angenommen hat, dann werden die Gemeinschaften und Regionen (oder wie auch immer unsere Gliedstaaten morgen genannt werden) auf jeden Fall neue und bedeutendere Aufgaben zu bewältigen haben.  Das gilt auch für die Deutschsprachige Gemeinschaft – ganz gleichgültig, ob sie das will oder wie sie es will.  Da wird sich niemand sehr lange mit den besonderen Wünschen und Vorstellungen der DG beschäftigen.  Wenn man zu einer Einigung über die Neugestaltung des belgischen Föderalismusmodells kommen wird, so hängt das von den Kompromissen zwischen Flamen und Wallonen ab. Da wird es dann für uns heißen, zum richtigen Zeitpunkt unseren Platz einzunehmen und dafür zu sorgen, dass wir mit den neuen Möglichkeiten die besten Chancen für unsere Region und unsere Heimat entwickeln.  Da kommt vieles auf uns zu.  Ich glaube, ein klein wenig von der Angelegenheit zu kennen und ich kann Ihnen ganz ehrlich sagen: Da gibt es eine ganze Reihe von Dingen, von denen ich mir schon hin und wieder mal so eine Vorstellung gemacht und mir die Frage gestellt habe, wie unsere Gemeinschaft morgen und übermorgen aussehen wird. 

Genau das ist unser Thema am heutigen Tag, ein Thema, das wir mit dem gezielten Blick auf diese 854 km2 richten, die unser Gebiet ausmachen und deren Schicksal ja ganz wesentlich vor 90 Jahren durch den Versailler Vertrag festgelegt worden ist.   Diese Zukunft gestalten wir natürlich nicht alleine.  Wir sind keine Insel.  Das weiß, hoffe ich, jeder.  Wir leben in einer Welt, die sich jeden Tag weiter bewegt, ein kleiner interessanter Fleck, wo vieles möglich ist und wo noch mehr möglich sein könnte, wenn alle in dieselbe Richtung arbeiten.

Wir müssen mit den Rahmenbedingungen Rechnung tragen, die zurzeit sehr wesentlich von globalen Veränderungen langfristiger Art beeinflusst werden, die aber auch ganz besonders seit 2008 unter dem Vorzeichen der weltweiten Finanz- und Wirtschaftskrise stehen.  Ich habe mir noch vor einigen Stunden die letzten globalen Zahlen und Prognosen angeschaut. Eines ist da sicherlich klar: die Krise ist nicht vorbei und keiner weiß so ganz genau, was morgen und übermorgen auf uns zukommt, auch wenn sich die Perspektiven zum jetzigen Zeitpunkt wieder als etwas interessanter erweisen als noch vor einem Jahr.

Ganz wesentlich wird zur Bewältigung all dieser unmittelbaren und auch mittelbaren Herausforderungen der Erfolg einer Strategie beitragen, die auf europäischer Ebene festgelegt wird: Das EU-‚2020’-Projekt; eine ganz entscheidende Weichenstellung.  Es ist durchaus begeisternd festzuhalten, dass wesentliche Elemente dieser Weichenstellung in den nächsten sechs Monaten stattfinden, also während der Zeit des belgischen EU-Vorsitzes, an dem aufgrund der belgischen Verfassungslage auch die Deutschsprachige Gemeinschaft ganz konkret mitarbeitet.

All das gehört natürlich auch zu unserem heutigen Thema.  Ich bin eigentlich der Meinung, dass wir all das im Hinterkopf behalten sollten, aber dass wir vielleicht ein bisschen am Thema vorbei reden würden, wenn wir uns heute nur mit globalen Dingen beschäftigen.  Diese Dimension darf man keineswegs außen vorlassen, aber ganz wesentlich ist natürlich zu identifizieren, worauf wir selbst einen Einfluss haben:  Was können wir selbst in Bewegung setzen, um unsere Zukunft zu gestalten?  Das Regionale Entwicklungskonzept versucht, auf diese Fragen eine Antwort zu geben.  Zu diesem Zweck wird zum jetzigen Zeitpunkt an einem ersten Umsetzungsprogramm für dieses auf einen Zeitraum von anderthalb Jahrzehnten ausgerichtete Konzept gearbeitet. Der heutige Dialog findet in diesem Zusammenhang zu einem sehr relevanten Zeitpunkt statt.   Wir haben bei der Erarbeitung des REK schon viele Dialoge geführt und über 350 Menschen haben sich Ende 2008 und Anfang 2009 an der Erarbeitung dieses Konzeptes im Rahmen zahlreicher Foren beteiligt. 

Bei der Runde durch die Gemeinden, die die Regierung vor einigen Wochen organisiert hat, sind weitere interessante Gespräche entstanden.  Mittlerweile haben wir auch Gutachten und Stellungnahmen aus dem, was sich selbst gerne die organisierte Zivilgesellschaft nennt, erhalten. So hat uns der Wirtschafts- und Sozialrat (WSR) vor einigen Tagen seine Stellungnahme zum ersten Umsetzungsprogramm zum REK mitgeteilt. All das sind sehr wichtige Beiträge, die es uns erlauben, die Richtung, die Inhalte, noch genauer, noch feiner, abzustimmen.  Der heutige Tag soll dazu eine weitere Möglichkeit für ein breites Publikum bieten.  Wir haben alle, die sich für das Thema interessieren, eingeladen. Heute ist keiner an der Tür abgewiesen worden – das kommt hier eh äußerst selten vor (dafür muss man sich schon sehr unflätig benehmen), denn dies ist ein offenes Haus und Sie alle haben diese Chance heute ergriffen, sich dementsprechend mit einzubringen. Dafür nochmals meinen herzlichen Dank! 

Heute wird der letzte Dialog in der Formulierungsphase dieses ersten Umsetzungsprogramms stattfinden.  Ich werde Ihnen nachher darlegen, wie es weitergeht.  Eines kann ich Ihnen jetzt bereits sagen: auch bei der Konkretisierung, der Durchführung und vor allem bei der Evaluation der weiteren Entwicklung werden wir regelmäßig Möglichkeiten zum Bürgerdialog und zum direkten Kontakt mit den Verantwortlichen und den zuständigen Mitarbeitern schaffen. 

Das Regionale Entwicklungskonzept ist jetzt bereits, wenn ich es in seiner Gesamtheit nehme, der umfangreichste Bürgerdialog, den es je in der Deutschsprachigen Gemeinschaft gegeben hat.  Gerade am REK möchten wir verdeutlichen, dass wir es mit dem Konzept, durchaus ernst meinen, dass die DG nicht zuletzt auch eine Mitmachgemeinschaft ist.  Wo, besser als in einem kleinen Gemeinwesen wie der Deutschsprachigen Gemeinschaft lässt sich das auch ganz konkret praktizieren?

Das Regionale Entwicklungskonzept ist unser Fahrplan für die Zukunftsgestaltung in den nächsten anderthalb Jahrzehnten.  Wir haben dazu ein erstes Umsetzungsprogramm in der Mache (mit 16 Projekten und 48 Teilprojekten in den 5 strategischen Bereichen, die wir bearbeiten können und wollen; nämlich der DG als Grenz-, Wirtschafts-, Bildungs-, Solidar- und Lebensregion).  All das wird heute im Mittelpunkt der Arbeit stehen und bestimmt auch die Struktur der Arbeitskreise, die wir nachher bilden werden.  Es wird vor allem darauf ankommen, neben dem Vertiefen der einzelnen Bereiche nie aus den Augen zu verlieren, dass all diese Dinge auch in einer vielfältigen und sehr intensiven Weise Querverbindungen untereinander beinhalten.  Zwischen allen Projekten und Teilprojekten bestehen eine ganze Menge von Querverbindungen, Komplementaritäten und Synergien. Deshalb ist auch die Steuerung dieses Gesamtprozesses so wichtig.  Dabei sollte man natürlich nicht nur über Allgemeines reden sondern auch und insbesondere dafür sorgen, dass all die Dinge, die jetzt in den 5 Bereichen voran getrieben werden, untereinander vernetzt und zueinander kohärent sind.  Das ist ganz entscheidend.  Da sieht auch gerade die Regierung ihren besonderen Mehrwert bei dieser Arbeit (wenn denn Regierungsarbeit überhaupt einen Mehrwert hat – es gibt ja auch Leute, die meinen, man könnte so eine Gemeinschaft ohne Regierung managen.  Das ist eine durchaus erlaubte Meinung, aber nachvollziehbarer Weise nicht die der Regierung).

Wir werden uns ganz besonders mit diesem Koordinierungsaspekt beschäftigen aber auch mit anderen Dingen, die uns als sehr wichtig erscheinen.  So wollen wir diesmal noch besser als in der Vergangenheit den Versuch hinkriegen, für die einzelnen Projekte klare Parameter und Messwerte für die Erfolgsbestimmung festzulegen. Das ist im Einzelnen gar nicht so einfach. Auch darüber wird man bestimmt heute noch diskutieren, denn es ist von großer Wichtigkeit, dass man messen kann, was sich denn dank der Projekte in einer gewissen Zeitspanne verändert hat.

Auch über Mittel wird diskutiert werden müssen und auch da hat die Arbeit der Regierung wieder einen gewissen Mehrwert. Es ist halt so, dass man das Geld, über das die Deutschsprachige Gemeinschaft verfügt, nur ein Mal ausgeben kann. Es gibt immer unendlich mehr Wünsche und Ideen (gute und andere), die man umsetzen könnte, aber die man mit den vorhandenen Mitteln nicht alle gleichzeitig hinbekommt. Das sind dann meistens sehr schwierige Entscheidungen.  Auch da geht die Regierung davon aus, dass sie eine besondere Verantwortung trägt.  Deshalb schlage ich Ihnen vor, sich dieses Leid heute nicht anzutun. Sie können gerne einen ganzen Tag über Geld reden, aber der Mehrwert wird nur dann wirklich gegeben sein, wenn Sie uns auch erklären, wo das auszugebende Geld dann herkommen soll.  Also vielleicht einigen wir uns darauf, dass wir darüber später reden. Lassen Sie da mal im Sommer – wenn jeder den wohlverdienten Urlaub hat – die Regierung einiges planen und machen.  Dann werden wir danach im Parlament und auch darüber hinaus die Gelegenheit haben, zu erörtern, ob wir die entsprechenden Mittel für die Umsetzung dessen, was wir vorhaben und was Sie hier mit gestaltet haben, auch wirklich mobilisieren können.

Das werden wir sicherlich nicht nur alleine machen.  Wir werden auch versuchen, auf externe Mittel zurückzugreifen, in Synergie mit der Europäischen Union, mit dem belgischen Staat, mit der Wallonischen Region, aber auch im grenzüberschreitenden Kontext zu arbeiten. Gerade da ist wiederum, um den Bogen zur Europäischen Präsidentschaft Belgiens zu spannen, die Diskussion über die Zukunft der Strukturfonds eine ganz besonders wichtige.  Ich hatte in den letzten Wochen und Tagen vermehrt die Gelegenheit, mich in sehr interessanten Gesprächen mit den Mitgliedern der EU-Kommission und deren Präsidenten mit diesem Thema zu beschäftigen.  Da muss noch hart gekämpft werden, wenn wir erreichen wollen, dass wir für das, was wir hier machen, auch in Zukunft noch über EU-Mittel verfügen. Das ist nicht so ganz einfach.  Wesentlich ist vor allem – da sind wir wiederum alle gefordert, dass das, was wir denn zur Förderung vorschlagen, auch einen wirklich nachvollziehbaren grenzüberschreitenden Mehrwert hat und nicht nur so aussieht.  Da wird in Zukunft (zu Recht würde ich sagen) stärker geprüft werden, aber da, wo der Handlungsbedarf einvernehmlich festgestellt worden ist, müssen dann auch mögliche Mittel aus europäischen Quellen mobilisierbar sein.

Noch etwas ist ganz wichtig: Da die DG keine Insel ist, wie ich eben bereits versucht habe darzulegen, müssen wir diese Chancen der Vernetzung und Zusammenarbeit auch wirklich nutzen. Aufgrund unserer Grenzlage haben wir das große Privileg, diesen Paradigmenwechsel miterlebt zu haben, der sich nach Beendigung des Zweiten Weltkrieges an vielen Stellen in Europa und nach der Osterweiterung der Europäischen Union an noch vielen anderen Stellen vollzogen hat: Menschen, die jahrzehntelang an den Grenzen Rücken zu Rücken gestanden haben, mit dem Blick auf ihre jeweilige Hauptstadt, können – indem sie sich nur einfach umdrehen – ihren Nachbarn von Angesicht zu Angesicht gegenüber treten und gemeinsam Dinge bewegen.  Diese Veränderung der Sicht birgt unwahrscheinlich große Chancen, gerade in einer so interessanten Grenzregion, wie der unseren.  Auch darüber hinaus ist nicht nur das, was in der Grenzregion geschieht von Bedeutung.  Das, was anderswo in Belgien, bei den anderen belgischen Gliedstaaten, geschieht, was anderswo in Europa in den unterschiedlichsten europäischen Partnerregionen entwickelt wird, all das ist auch für uns interessant.  Deshalb werden wir ganz systematisch für jedes Projekt und jedes Teilprojekt immer nach Referenzprojekten anderswo suchen. 

Es gibt kaum ein Problem, das wir hier haben, das nicht anderswo in Europa auch besteht.  Es ist sehr sinnvoll, sich anzuschauen, wie andere die Probleme zu lösen versucht haben.  Denn das Rad neu erfinden ist nicht jeden Tag die intelligenteste Idee, die man haben kann. Vor allem, wenn meistens viereckige Sachen dabei herauskommen, die dann so schwer ans Drehen zu kriegen sind. Mit anderen zusammenarbeiten, sich Referenzmodelle (Best practices oder wie man es immer nennen mag) auszudenken und auch in Kooperationen einzusteigen ist eine ganz wichtige Dimension bei diesem Regionalen Entwicklungskonzept, auf die wir auch ganz besonders großen Wert legen. 

 

Gerade in diesem Zusammenhang bin ich sehr froh, dass wir anlässlich des heutigen Forums Gäste aus dem Ausland begrüßen dürfen, mit denen wir schon seit zwei Jahrzehnten zusammenarbeiten und die einen Blick in die Deutschsprachige Gemeinschaft werfen.  Wir dürfen heute in unserer Mitte als Gast Frau Dagmar Püschel und Herrn Dr. Behrendt begrüßen.  Frau Püschel ist die Bürgermeisterin von Eisenhüttenstadt, eine Region, mit der wir viele Kontakte pflegen. Herr Dr. Behrendt ist u.a. in der Investitionsförderung in Ostbrandenburg tätig und damit sozusagen ein geborener Partner unserer Wirtschaftsförderungsgesellschaft.  Ich habe ihm eben versprochen, dass ich die Kontakte auch persönlich herstellen werde. Deshalb werden Herr Langohr von der Wirtschaftsförderungsgesellschaft Ostbelgien und Herr Behrendt nachher schon zusammen diskutieren dürfen bzw. müssen. Ich freue mich sehr, dass wir das kombinieren konnten und somit auch etwas symbolisch zum Ausdruck bringen, wie eng wir zusammenarbeiten.

Wie klein die Welt ist, wenn man zusammenarbeitet, möchte ich an dieser Stelle an einem ganz konkreten Beispiel darlegen: Wir haben eine spezialisierte Firma beauftragt, das Thema Holzkompetenzzentrum – eines der zentralen Projekte im Bereich „Mit der Natur wirtschaften“ – auszuarbeiten.  Wie es der Zufall will, hat diese Firma auch ein wichtiges Innovationsprojekt in der Stadt Eisenhüttenstadt durchgeführt.  Deshalb waren die Vertreter der Firma sehr überrascht, als sie uns dieses Referenzprojekt erläuterten und ich ihnen konkrete Fragen dazu stellte, an welcher Stelle das Projekt durchgeführt wird und wer genau darin involviert ist. So verbindet uns also als Partner ganz konkret eines der Projekte, die wir zwar nicht selbst erfunden haben, bei denen wir aber auf die Expertise aus anderen Regionen zurückgreifen.

Das ganze Entwicklungskonzept ist eingebettet in übergreifende Strategien – von Europa-2020 habe ich eben schon gesprochen.  Der wallonische Marshall-Plan gehört auch dazu, ebenso wie die Zukunftsinitiative Eifel, mit der wir übrigens 2011 auch hier vor Ort eine wichtige Veranstaltung durchführen. Nicht zuletzt wird da auch der anstehende Entwicklungsplan für die Euregio Maas-Rhein eine große Rolle spielen.  All das läuft im europäischen Jargon unter dem Begriff „Multi-Level-Governance”. Damit ist wie üblicherweise bei diesen englischen Begriffen etwas an sich ganz Einfaches gemeint, nämlich die Tatsache, dass alle Ebenen, die in Europa für irgendetwas zuständig sind, bei der Umsetzung von Projekten möglichst eng zusammenarbeiten müssen. 

Diese Kooperation mit den verschiedenen Ebenen von Europa über Belgien, die Wallonische Region, die Nachbarregionen und die Euregio bis hin zu uns selbst ist für diesen nächsten Umsetzungsabschnitt von größter Bedeutung.  Ebenso wichtig ist natürlich auch die Kooperation nach innen.  Deshalb haben wir bei der kürzlich durchgeführten Runde der Regierung durch die Gemeinden auch ganz systematisch mit den Kommunen diskutiert und gemeinsam darüber nachgedacht, wo sie sich in dieses Regionale Entwicklungskonzept einbringen können.  Natürlich hat nicht jede Kommune für jedes Projekt dieselben Interessen und dieselben Absichten mitzumachen. Es gibt sicherlich die Möglichkeit, in jeder Kommune die ein oder andere sehr pertinente Angelegenheit mit zu gestalten. So werden wir zu diesem komplementären Vorgehen gelangen, bei dem sich künftig überall in unseren neun Gemeinden im Rahmen des Regionalen Entwicklungskonzeptes etwas tun wird.

Etwas tun, das ist es, worauf es ganz entscheidend ankommt, wenn wir die Zukunft Ostbelgiens gestalten wollen.  Wir brauchen da sicherlich auch noch eine Menge mehr an Identifikation mit unserer DG. Das ist noch ein weiter Weg und da gibt es noch vieles, was aufgearbeitet werden muss.  Das hat mit Geschichte, Gegenwart und mit Zukunft zu tun.  Auch daran werden wir arbeiten.  Aber die Deutschsprachige Gemeinschaft ist – ob sie es will oder nicht – eine Schicksalsgemeinschaft. Ich habe das zu Beginn mit dem Verweis auf die Rahmenbedingungen der belgischen Staatsreform schon dargelegt.  Es gibt da einfach nur eine Möglichkeit: Wenn wir die Zeichen der Zeit nicht verpassen und uns in irgendeine Abseitsdiskussion und Lage hineinmanövrieren lassen wollen, müssen wir die Dinge selbstbewusst anpacken und gestalten und dafür sorgen, dass sich auch für unsere Gemeinschaft aus all diesen Entwicklungen interessante Zukunftsperspektiven ergeben.

Das entscheidende Wort heißt da: Zukunftstüchtigkeit.  Nur wer wirklich zukunftstüchtig ist wird auch den Herausforderungen der nächsten Jahre und Jahrzehnte gewachsen sein.  Der heutige Tag steht nun im Zeichen des Bürgerdialogs.  Deshalb höre ich jetzt auch auf, denn schließlich ist es kein Dialog, wenn einer redet und die anderen zuhören – das machen Sie übrigens sehr andächtig, dafür bin ich Ihnen sehr dankbar.

Die Regierung wird sich heute im Wesentlichen darauf beschränken, zuzuhören.  Wir werden auch nicht in die einzelnen Arbeitsgruppen gehen, weil wir denken, dass da die Anwesenheit der Minister zwar vielleicht interessant, aber vor allem lästig ist, denn dann muss man sich ja immer überlegen: „Darf ich das sagen?“; „Nimmt man mir das krumm?“ oder „Habe ich eine intelligente Frage zu stellen oder überhaupt eine Frage?“; etc. Wir wollen in diesen Arbeitsgruppen nicht zu sehr in den Fokus geraten und uns vielmehr nachher die Synthesen anhören.  Wir werden aber in der Zwischenzeit auch nicht ins Schwimmbad gehen, denn parallel wurde eine Regierungssitzung vorgesehen, um einige wichtige Dinge vorzubereiten und zu beschließen.  Wir sehen uns dann zu Mittag wieder und anschließend beim Abschluss. 

Wir werden uns in jedem Fall alle Ergebnisse sehr genau anschauen, anhören und auch schriftlich zur Kenntnis nehmen. Sie können also davon ausgehen, dass wir alles, was gesagt wird, erfahren werden und somit den Input mitkriegen, den wir hier brauchen.  Wir werden uns kommenden Samstag einen ganzen Tag lang mit diesen Ergebnissen beschäftigen und dann versuchen, die letzten noch zu treffenden Entscheidungen zu fällen, bevor dieses erste Umsetzungsprogramm definitiv auf Orbit gesetzt werden kann.

Meine sehr geehrten Damen und Herren,

ich wünsche Ihnen angeregte Gespräche und interessante Diskussionen.  Ich hoffe, dass sich noch vieles auch kontrovers weiterentwickeln lässt.  Ich möchte mich in jedem Fall bereits jetzt für Ihre Aufmerksamkeit und Ihren Beitrag bedanken! Vielen Dank!