Hochrangige Wissenschaftler, Politiker und Journalisten trafen sich heute in Brüssel, um mit Mitgliedern der SPE Fraktion im Ausschuss der Regionen die Herausforderungen durch regionale Autonomie- oder Unabhängigkeitsbewegungen zu diskutieren.
Ist die EU in diesem Moment in der Lage, die unterschiedlichen Systeme zur Machtverteilung zu integrieren, von den regionalisierten oder dezentralisierten bis hin zu den föderalen Ordnungen? Welche Elemente der Europäischen Union müssten gestärkt werden, um sicher zu stellen, dass die entsprechenden Lösungen nicht von ‘oben’ verordnet, sondern von unten nach oben in Verhandlungen erarbeitet werden? Diese und andere Fragen wurden in offener Debatte beim Seminar der SPE Fraktion im AdR über “Die EU und regionale Separatismen: föderale Lösungen” angesprochen.
“Die europäische Einigung basiert auf dem Schutz der Grund- und Demokratierechte ebenso wie auf der Anerkennung der lokalen und regionalen Selbstverwaltung. Zugleich ist einer der Beweggründe für die Gründung der EU auch die Überwindung des aggressiven Nationalismus, der in Europa zu vielen Konflikten geführt hat. Die EU arbeitet mit ihren Mitgliedstaaten zusammen, aber auch mit deren Regionen und lokalen Gebietskörperschaften. Diese Zusammenarbeit erfordert immer wieder die Anerkennung der gemeinsamen Interessen, und nicht die dauernde Betonung der Unterschiede”, betonte Karl-Heinz Lambertz, Vorsitzender der SPE Fraktion im AdR.
Annegret Eppler vom Zentrum für Föderalismusforschung betonte, dass der Föderalismus Kriterien bieten könne, um die unterschiedlichen regionalen Situationen einzuordnen, aber zugleich auch einen Rahmen biete, in dem Unterschiede eingebunden werden können.
Fallbeispiele aus Katalonien (Anna Terròn I Cusi), Schottland (Irene Oldfather), Flandern (Bruno Tobback) und Österreich und der Schweiz (Tamara Ehs) beleuchteten sowohl die gemeinsame Dynamik, als auch die sehr unterschiedlichen politischen Kontexte der gegenwärtigen und vergangenen regionalistischen Bewegungen. Mercedes Bresso, 1. Vizepräsidentin des AdR erläuterte, wie das EU Konzept der Makro-Regionen von einigen politischen Kräften in Italien für eine separatistische Agenda missbraucht werde.
Auch die Auswirkungen des regionalen Separatismus auf das europäische Einigungswerk wurde angesprochen: Paul Nemitz (EU Kommission) beleuchtete einige der komplexen juristischen Fragen, welche die Aufspaltung von Staaten nach sich zieht, inklusive der Auswirkungen auf die EU Bürgerschaft, während Yves Bertoncini vom europäischen Think Tank Notre Europe die Notwendigkeit heraus strich, Mechanismen auf EU Ebene zu entwickeln um die bestehenden Ungleichheiten zu bekämpfen, die den Ruf nach Unabhängigkeit beflügeln können.
Als wichtigste Botschaft ergab sich aus den von den Journalisten Eddy Caekelberghs und Jean-Pierre Stroobants moderierten Debatten, dass Solidarität und gegenseitiger Respekt Grundpfeiler der europäischen Einigung sind, und das föderale Mehrebenenstrukturen die besten Möglichkeiten bieten, diese Grundprinzipien mit den legitimen Forderungen nach Autonomie und Vielfalt zu verbinden.