Spätestens nach dem dritten Advent sind die meisten vom Weihnachtsfieber gepackt. Die letzten Geschenke werden besorgt, Einkäufe für den Weihnachtstisch werden getätigt und im Radio, TV oder auf Youtube erklingen die zeitlosen Weihnachtslieder. „Wären da nicht die Prüfungen!“, denkt sich bestimmt so mancher Schüler und sehnt sich nach den verdienten Weihnachtsferien.
Das erinnert mich irgendwie auch an die Regierung, die in diesen Tagen ebenfalls vor einer Prüfung stand. Immerhin wurde am 9. Dezember über den Haushalt 2011 abgestimmt. Welche Note verdient dieser Haushalt?
Die Vorbereitung des diesjährigen Haushaltes war keine leichte Aufgabe: Das gebe ich offen und ehrlich zu! In Anbetracht der internationalen Finanzkrise standen wir vor einem Spagat. Auf der einen Seite galt es, die krisenbedingte Neuverschuldung zu minimieren und gleichzeitig zukünftige Spielräume zu gewährleisten. Auf der anderen Seite mussten die Dienstleistungen zum Wohle der Bürger der Deutschsprachigen Gemeinschaft aufrecht erhalten und vereinzelt sogar selektiv ausgebaut sowie die Durchführung des ambitiösen und gerade in Krisenzeiten äußerst sinnvollen Investitionsprogramms gewährleistet werden.
Der Haushalt 2011
Der Haushalt 2011 ist ein Sparhaushalt. Das hat die Regierung nie bestritten und das wird beim Haushalt 2012 übrigens nicht anders sein. Allerdings haben wir es geschafft, verkraftbare und keineswegs einschneidende Maßnahmen zu treffen; stets im partnerschaftlichen und aufrichtigen Dialog, ohne leere Versprechungen und Lippenbekenntnisse.
Natürlich haben wir nicht erwartet, dass alle Mandatare uns ihr Vertrauen aussprechen. Mehrheit und Opposition beurteilen die Dinge grundsätzlich anders. Die Regierung vertritt den Standpunkt der Mehrheit, aber auch in der Opposition lässt sich der eine oder andere interessante Gedanke finden. In einer gesunden Streitkultur darf und sollte jeder die Möglichkeit erhalten, sich zu äußern. Demokratie bleibt das kontroverse Ringen um den richtigen und besten Weg in die Zukunft. Dabei hat niemand die Wahrheit gepachtet. Die zahlreichen Anregungen zu Verbesserungen und Vertiefung von Konzepten zur Zukunftsgestaltung aus Opposition und Mehrheit können in vielfältiger Weise in die Regierungsarbeit integriert werden.
Verantwortung übernehmen
Die Regierung hat von vornherein die Probleme beim Namen genannt und sich bereit erklärt, Verantwortung zu übernehmen. Sie hat nicht versucht, die Situation zu beschönigen oder dem Parlament und der Bevölkerung Informationen vorzuenthalten. Sie hat aber auch keinen Zweifel daran gelassen, dass sie ihre durch die Folgen der internationalen Wirtschafts- und Finanzkrise notwendig gewordene Sparpolitik fortsetzen und die verbleibenden Handlungsspielräume zielstrebig und verantwortungsvoll nutzen will.
Die Regierung steht mit beiden Füßen fest auf dem Boden! Ganz im Gegenteil zu denen, die die krisenbedingte Neuverschuldung im Hauptsatz anprangern, gleichzeitig aber bereits im Nebensatz neue Ausgaben in Millionenhöhe einklagen und sich weigern, auch nur anzudeuten, woher diese Mittel kommen sollen.
Ein Jahrhundertprojekt
Doch stellen solche Aussagen zum Glück eher die Ausnahme als die Regel dar. Die Mehrheit im Parlament unterstützt ohne wenn und aber die Maßnahmen und Vorhaben der Regierung. Die Deutschsprachige Gemeinschaft steht vor gewaltigen Herausforderungen, insbesondere im Bereich der Infrastrukturpolitik. Neben der Vollendung der Krankenhausinfrastruktur steht vor allem die Schulinfrastruktur im Mittelpunkt des Interesses. Die wichtigen Arbeiten an der PDS in Eupen, am Athenäum in Kelmis sowie das zu Recht als Jahrhundertprojekt zu bezeichnende PPP-Projekt in Eupen (acht Schulen an drei Standorten) können in ihrer Bedeutung nicht hoch genug eingeschätzt werden. Sie werden die Ausbildungschancen vieler Schülergenerationen in Ostbelgien nachhaltig verbessern und auf diese Weise wesentlich zur Verbesserung des Standortes Ostbelgien beitragen.
Schuldenfreiheit, Zahlungsfähigkeit und Kreditwürdigkeit
Ich bin mir sicher, dass die Regierung mit dem Haushalt 2011 den richtigen Weg in die Zukunft eingeschlagen hat. Ich bin auch zuversichtlich, dass die Deutschsprachige Gemeinschaft mit Disziplin und Durchhaltevermögen die Schuldenfreiheit erlangen kann, ohne auf zukünftige Investitionen verzichten zu müssen. Das habe ich in den Plenarsitzungen vom 25. Oktober und 9. Dezember 2010 detailliert begründet. Natürlich darf nicht noch einmal so eine schwere Krise wie 2009 auf uns einstürzen. Daran müssen Politik und Wirtschaft gemeinsam arbeiten. Noch wichtiger als der genaue Zeitpunkt der Schuldenfreiheit sind die Zahlungsfähigkeit und Kreditwürdigkeit der Deutschsprachigen Gemeinschaft; diese gilt es zu bewahren! Daran arbeitet die Regierung Tag für Tag.
Mit dem Haushalt 2011 lassen sich im kommenden Jahr interessante Zukunftsperspektiven gestalten. In diesem Sinne wünsche ich allen ein besinnliches Weihnachtsfest und ein erfolgreiches Neues Jahr!
Karl-Heinz Lambertz
Ministerpräsident