Von Sommerpause kann in diesem Jahr nur bedingt die Rede sein. Der schreckliche Massenmord in Norwegen, die Hungersnot in Afrika, die Probleme der amerikanischen und europäischen Währung, die Ungewissheit über die Erfolgsaussichten der anstehenden Verhandlungen zur Bildung einer neuen Föderalregierung in unserem Lande: Gründe zur Besorgnis gibt es zurzeit mehr als genug. Es bedarf mutiger Entscheidungen und der Erkenntnis, dass nur gemeinsames und solidarisches Handeln die Ursachen der Probleme beseitigen und zukunftstüchtige Lösungen ermöglichen können.
All dies hat auch einen großen Einfluss auf die Lebensbedingungen und Entwicklungschancen der Menschen in unserer ostbelgischen Heimat. Auch wenn wir mittlerweile vieles selbst regeln und gestalten können, sind wir keine Insel der Glückseeligen. Auch wir hängen entscheidend von dem ab, was anderswo in Belgien, Europa und der Welt geschieht.
Deshalb ist es von allergrößter Bedeutung, dass wir das Geschehen um uns herum genau beobachten und unsere eigenen Handlungsmöglichkeiten optimal einsetzen. Ohne Selbstüberschätzung, mit dem richtigen Augenmaß und dem gebotenen Selbstbewusstsein.
Dazu werden Parlament und Regierung nach der Sommerpause gleich in drei Handlungsfeldern die Gelegenheit haben. Als erstes muss unter womöglich verschlechterten Rahmenbedingungen der Haushalt 2012 geschnürt werden, der immer noch im Zeichen der Folgen der weltweiten Finanz- und Wirtschaftskrise steht und bei dem es darum geht, das breite Spektrum der von der DG finanzierten Dienstleistungen abzusichern und die krisenbedingte Neuverschuldung so gering wie möglich zu halten.
Als zweites steht die Aktualisierung der Arbeitsschritte an, die zur Umsetzung der 16 Zukunftsprojekte des Regionalen Entwicklungskonzeptes (REK) durchzuführen sind. Außerdem wird die Regierung Ende Oktober den Finanzierungsplan für dieses REK vorstellen. Spätestens dann werden auch die letzten Skeptiker einsehen müssen, dass das REK bedeutend mehr bedeutet als das Ankündigen guter Absichten.
Als dritte Herausforderung steht die Beteiligung der DG an der geplanten großen Staatsreform ins Haus. Wenn es zwischen Flamen und Französischsprachigen zu einer Einigung kommt, wird sich die Struktur unseres Landes entscheidend verändern. Den Gemeinschaften und Regionen werden bedeutende neue Zuständigkeiten und Verantwortungen übertragen werden. Dabei steht auch die Zukunft der DG auf dem Spiel. Mit der gemeinsamen Grundsatzerklärung der anerkannten Parlamentsfraktionen besteht inzwischen eine eindeutige Verhandlungsgrundlage mit überzeugenden Argumenten für ein Belgien zu viert mit der DG als gleichberechtigtem Partner. Aber es genügt nicht, in Eupen bereit, gewillt und in der Lage zu sein. Wir müssen auch noch die Verhandlungspartner in Brüssel und Namur überzeugen.
Ich bin optimistisch, dass uns dies weitgehend gelingen wird und ich freue mich auf die anstehenden Verhandlungen. Eines ist gewiss: Wir werden einen spannenden Herbst erleben!
Karl-Heinz Lambertz
Ministerpräsident