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Schwierige Zeiten


Europa, Belgien und der DG stehen schwierige Zeiten bevor.  Zu übertriebenem Optimismus besteht kein Anlass, zu apokalyptischer Weltuntergangsstimmung jedoch auch nicht.

Konsequentes und Ergebnis orientiertes Handeln ist angesagt.  Und zwar auf der jeweils relevanten Ebene.  Nur eingefleischte Populisten vermischen alles und führen alle Probleme auf einige vereinfacht dargestellte Ursachen zurück.  In Wirklichkeit sind die Probleme jedoch komplex und nur mit differenzierten Lösungsansätzen zu bewältigen.  Dabei müssen die verschiedenen Entscheidungsträger jedoch koordiniert vorgehen und abgestimmt handeln.

Viele Probleme lassen sich nur auf weltweiter oder zumindest auf europäischer Ebene lösen.  Andere müssen von den einzelnen Staaten angepackt werden.  Wiederum andere fallen in die Zuständigkeit der regionalen und lokalen Gebietskörperschaften.  Auf Ostbelgien bezogen sind das die Wallonische Region, die DG und die neun Gemeinden des deutschen Sprachgebiets.

Die weltweite Finanz-, Wirtschafts- und Schuldenkriese erfordert resolutes Handeln auf europäischer Ebene. Der Dezember-Gipfel der Staats- und Regierungschefs hat einige wichtige Weichen gesetzt, aber er ist nicht weit genug gegangen.  Der Finanzspekulation müssen mit härteren und strengeren Maßnahmen auf internationaler und europäischer Ebene Grenzen gesetzt werden.

Die neue belgische Föderalregierung hat sich viel vorgenommen und muss nun beweisen, dass sich die lange Verhandlungsdauer gelohnt hat und dass sie handlungsfähig ist.  Staatsreform, Haushaltssanierung und Strukturreformen sind gewaltige Aufgaben, die es in den nächsten Monaten und Jahren zu bewältigen gilt.

Und die DG?  Auch sie steht vor großen Herausforderungen, die wir nicht unterschätzen dürfen.  Es nützt aber auch nichts, sie demagogisch aufzubauschen oder die DG aus rein parteipolitischem Kalkül kaputt zu reden.  Die DG war, ist und bleibt ein Glücksfall für die Menschen in Ostbelgien.  Sie trägt substantiell zur Festigung und zum Ausbau des hiesigen Wirtschafts- und Lebensstandortes bei.  Dank ihres Wirkens ist es in den letzten drei Jahrzehnten gelungen, auf dem Gebiet der Bildungs-, Sozial- und Kulturpolitik ein beachtliches Dienstleistungsspektrum mit den dazugehörenden Infrastrukturen aufzubauen.  Das wird auch in Zukunft so bleiben und sich nach den anstehenden Zuständigkeitserweiterungen sogar noch verbessern. Davon bin ich zutiefst überzeugt und daran arbeite ich gemeinsam mit vielen anderen Tag für Tag.

Um die Jahreswende werden uns zwei Themen ganz besonders beschäftigen.  Einerseits müssen wir die Ergebnisse der föderalen Staatsreform und die mit der Wallonischen Region auszuhandelnden Zuständigkeitserweiterungen in trockene Tücher bringen sowie die Wahrnehmung dieser neuen Aufgaben inhaltlich und administrativ vorbereiten. Andererseits sind die kurz-, mittel- und langfristigen Konsequenzen der Parameterverschlechterung auf den DG-Haushalt aufzuarbeiten und die sich daraus ergebenden Sparmaßnahmen zu verwirklichen.  Das ist keine leichte, aber auch keine unmögliche Aufgabe. Sie betrifft einen Betrag zwischen 1,5 und 2,5 Millionen Euro in einem Gesamthaushalt von rund 228 Millionen Euro. Dabei wird die Regierung die angekündigten Ziele fest im Auge behalten:

  1. Rückkehr zum Haushaltsgleichgewicht in 2015;
  2. keine Verschlechterung des im Ursprungshaushalt und in der Finanzsimulation vorgesehenen Gesamtdefizits für die Jahre 2012 bis 2014;
  3. Konsolidierung und punktueller Ausbau des bestehenden Dienstleistungsspektrums;
  4. Gewährleistung genügender finanzieller Handlungsspielräume, um die Zukunftsprojekte des REKs finanzieren und dank des Abbaus des Infrastrukturstaus ab 2019 eine Infrastrukturpolitik ohne anrechenbare Anleihen führen zu können.

Verschiedene Kritiker versuchen, diese Politik der Regierung als Augenwischerei oder gar als ein Handeln zu Lasten zukünftiger Generationen in Diskredit zu bringen.  Genau das Gegenteil ist der Fall!  Diese Politik dient vor allem den zukünftigen Generationen, verbessert ihre Lebenschancen und stärkt den Standort Ostbelgien.

Sie führt allerdings auch zu einer bestimmten Verschuldung, die in der Tat zukünftige Handlungsspielräume in einem gewissen, aber verkraftbarem Maße einschränkt. Deshalb werden nur ganz bestimmte und besonders zukunftstüchtige Projekte über Anleihen oder PPP-Verfahren finanziert.  Aus demselben Grund bemüht sich die Regierung auf vielfältige Weise, die krisenbedingte Neuverschuldung so gering wie möglich zu halten.  Dies ist ihr bisher übrigens recht gut gelungen, da weder in 2009, noch in 2010 und 2011 solche Anleihen getätigt werden mussten.  Dies ist belgien- und europaweit einzigartig und straft all jene Lügen, die an der Finanzpolitik der Regierung kein gutes Haar lassen wollen.

Regieren ist in finanziell angespannten Zeiten kein einfaches Unterfangen.  Es handelt sich um einen schwierigen Spagat.  Aber es bleibt eine begeisternde Aufgabe, der ich im kommenden Jahr wie in den Jahren davor meine volle Aufmerksamkeit und all meine Kraft widmen werde.

In diesem Sinne wünsche ich Ihnen allen eine besinnliche Weihnachtszeit
und einen guten Rutsch ins Neue Jahr!

Karl-Heinz Lambertz
Ministerpräsident